Corona in Japan – Die zwei Seiten japanischer Selbstbeherrschung

Die Corona Pandemie ist ein weltumspannendes Phänomen. Jede Nation ist gezwungen einen Umgang mit den Auswirkungen der Krise zu finden und gleichermaßen die Gesundheit und Existenz der Menschen zu bewahren. Es ist spannend und lehrreich über den eigenen Tellerrand zu blicken und zu sehen, welche Maßnahmen in anderen Ländern ergriffen werden. Wie ist es zum Beispiel in Japan, einem zu Deutschland in vielerlei Hinsicht ähnlichen und doch kulturell und räumlich so entfernten Land?

Die Ansteckungszahlen in Japan sind im Vergleich zu anderen Ländern gering geblieben und das ohne Verbote und Gesetze. Während die Gesamtansteckungszahl in Japan unter 100.000 liegt, gab es in Deutschland trotz geringerer Einwohnerzahl bisher über 463.000 Infizierte (Stand 28.10.2020). In Japan wirkt der soziale Druck ausreichend. Niemand möchte für einen anderen eine Belastung oder Bedrohung darstellen. Sich selbst zurückzunehmen gehört zu einem früh gelernten Selbstverständnis, das sich zu Corona-Zeiten als äußerst hilfreich erweist. Die andere Seite der Medaille ist, dass viele Japaner so stark unter den erschwerten Lebensbedingungen leiden, dass sie sich nicht mehr zu helfen wissen. Existenzängste, Vereinsamung, Ansteckungsängste, all diese Phänomene treten sicherlich überall auf, wo Menschen den Folgen der Pandemie ausgesetzt sind. In Japan und besonders in den Ballungsräumen von Tokio und Osaka gibt es aber immer mehr Menschen, die völlig ohne soziales Netz leben, oft ist die Arbeit der einzige Außenkontakt. Auch Alkohol und häusliche Gewalt sind in Japan keine Unbekannten. Psychologische Hilfen sind nicht flächendeckend vorhanden, teuer oder schwer zugänglich. Die Zahl der Suizide stieg im September 2020 im Vergleich zum Vorjahr um fast 9% auf 1800. Zum Vergleich, in Deutschland sind es im Durchschnitt weniger als 800 Suizide pro Monat. Wie kann Staat und Gesellschaft dem entgegentreten?

Neben finanziellen Hilfen setzt Japans Regierung mittlerweile auch auf schnelle und unbürokratische Hilfe bei psychischen Belastungen in Zeiten von Corona. Aktuell werden mehr als 10.000 Bürger in einer Online Studie zu ihrer aktuellen Lebenssituation, Belastungen und Symptomen befragt. So möchte die Regierung den Bedarf für die sogenannten „Support Center“ einschätzen, die jetzt in stark betroffenen Regionen installiert werden. Dort gibt es kostenfrei niederschwellige Angebote von Psychologen und Psychiatern. Diese Form der Unterstützung ist auch online von überall her abrufbar und kann für Betroffene wie ein lebensrettender Anker sein. Insbesondere in Zeiten, die so unvorhersehbar und fordernd sind wie diese.

Mehr Informationen dazu unter

https://www3.nhk.or.jp/nhkworld/en/news/20201012_29/

https://www3.nhk.or.jp/nhkworld/en/news/20201011_19/